Jenseits des Glamours
GLÜCK IM SPIEL (Orig.: Lucky You); Annehmbar mit 47%!
Es dauerte einige Zeit, bis dieser Streifen in deutsche Kinos gelangte. Offenbar war man unschlüssig, ob er überhaupt ins Kino sollte. Schlussendlich entschied sich Warner Bros., diesen Film im Frühsommer-Dschungel der Blockbuster untergehen zu lassen. Drei Jahre, nachdem er gedreht wurde. Aber dafür zwei Wochen, nachdem die 13er-Bande von Danny Ocean Las Vegas unsicher machte. Was wohl der allerletzte Zeitpunkt war, um diesem Film überhaupt noch eine Kinoauswertung zu ermöglichen.
Las Vegas ist bei GLÜCK IM SPIEL bzw. LUCKY YOU, wie der Streifen im Original heißt, die Kulisse für eine kleine unscheinbare und romantikgetränkte Dramödie. Wir begegnen Huck Cheaver, ein junger, aufstrebender Poker-Profi, der sich seinen Lebensunterhalt mit dem Abzocken der Touristen und Möchtegern-Pokerasse an den Pokertischen verdient. Darin ist er ziemlich gut - einer der Besten sogar. Doch eine Schwäche ruiniert ihn regelmäßig gründlich: Er ist zu emotional, zu draufgängerisch. Schlimm wird es, wenn sein Vater mit an den Pokertisch kommt. Alte Familienstreitigkeiten tragen sie durch ihre Karten aus. Die Prototypen des gesprächsunfähigen Mannes. Mehrfach verliert Huck gegen seinen Vater, der seine Frau verließ, als Huck noch ein kleiner Junge war. Das konnte ihm dieser Junge nie verzeihen, und so brodelt es munter, wenn Vater und Sohn am gleichen Tisch sitzen.
Diesen Konflikt verhandelt Curtis Hanson zwar hauptsächlich, doch unterm Strich halbherzig. Weichgespült dümpelt dieses Gezicke vor sich hin, entwickelt weder besonderen Tiefgang, noch Glaubwürdigkeit. Mitunter stellen sich sogar Redundanzen ein. Langeweile ist eine der schlechten Eigenschaften dieses Streifens. Ebenso schlecht und einigermaßen störend ist die Liebesgeschichte, die hier auch noch erzählt wird. Huck Cheaver bandelt mit der Schwester einer Casino-Mitarbeiterin an: Billie Offer. Drew Barrymore mimt das unschuldige Kindchen, das unbedarft und naiv an den tollkühnen Jungspund Huck Cheaver gerät. Was selbstverständlich zu unvorhersehbaren Turbulenzen führt. Gespickt mit allerlei Allgemeinplätzen in Dialog und Spiel, steuert dieses Paar zielstrebig aufs Happy End zu, wobei sich die Hauptdarsteller alle erdenkliche Mühe geben, unmotiviert und gelangweilt zu erscheinen. Die Love-Story in LUCKY YOU: Ein unnötiges Zugeständnis an die Hollywood‘schen Erzählkonventionen.
Warum sollte man sich diesen Film trotzdem anschauen?
Weil das Vater-Sohn-Duell doch für sich einnehmen kann. Ungeachtet aller Unvollkommenheiten, zieht einen der Zwist dieser beiden Alpha-Männchen doch in seinen Bann. Insbesondere in den Spielsequenzen baut sich eine knisternde Spannung auf, die den Zuschauer an die Leinwand fesselt. Überhaupt sind die Passagen, in denen es nur ums Pokern geht, das Sehenswerteste an diesem Film. So ist es nur konsequent, dass der Streifen in einem großen Poker-Finale seinen Höhepunkt findet.
Im Gegensatz zum anfänglich erwähnten OCEANS 11-13 kann LUCKY YOU auch noch mit etwas anderem punkten: Wo bei Danny Ocean selbst die dunkelsten Lagerhallen auf Stil und Style getrimmt sind, besticht dieser Film durch angenehmes Understatement. Man sieht hier nicht die tollen Glamour-Ecken der Stadt, es sind die kleinen Bars und unscheinbaren Hotels der Nebenstraßen. Ein Las Vegas, das verlebt ist, etwas baufällig manchmal, häufig schmuddelig. Wir besuchen abgefrackte Wohnsiedlungen ebenso, wie wir menschenfeindliche Retorten-Städte zu Gesicht bekommen. Auch die Casinos versprühen den Charme längst vergangener Zeiten. Bei OCEAN wären derlei Objekte vor laufender Kamera zu Staub verarbeitet worden. Hier schaffen sie eine melancholische Grundstimmung und eine Atmosphäre, die den Film dann doch über das Niveau der vernachlässigbaren DVD-Regalleichen hebt. Annehmbar.