Beautiful Monsters - American Independents im Forum 2009
THE EXPLODING GIRL &
MARIN BLUE
MARIN BLUE
Still aus THE EXPLODING GIRL | (c) Bild: Peripher Filmverleih |
Ivy und Al sind beste Freunde, kennen sich seit der achten Klasse, wie ein kurzer, peinlicher Moment zu Filmbeginn verrät, in dem Ivys Cousin nach der Beziehung der beiden zueinander fragt: "How long are you dating?" Ivy schweigt betreten, konzentriert sich lieber auf ihren neugeborenen Neffen, den sie im Arm hält. Schnitt.
Jim steht im eingezäunten Hof der Anstalt, als aus den Lautsprechern der Gesang einer jungen Frauenstimme erklingt - "The show begins.", sagt Julie, woraufhin sie von Jim angeblafft wird. Er klettert über den Zaun und haut ab. Alarm. Einige Schnitte später späht Marin Jims Adresse aus seiner Krankenakte und macht sich nach ihm auf die Suche, nicht ohne vorher noch eine ganze Packung Medikamente aus dem Schrank ihrer Ärztin mitgehen zu lassen - der Film mag Stereotypen.
Marin kann in die Anstalt kommen und gehen, wann sie will, denn sie leidet lediglich an Narkolepsie. Und prompt, als sie vor der angegebenen Adresse steht, kippt sie ein erstes Mal weg.
Die weibliche Hauptfigur in THE EXPLODING GIRL ist ebenfalls mit einer Krankheit geschlagen: Epilepsie ist Ivys Problem. Ohne Probleme geht es in beiden Filmen nicht. Munter konstruieren die Drehbuchschreiber von MARIN BLUE und THE EXPLODING GIRL Stolpersteine für ihre Protagonisten. Al, dessen Eltern sein Zimmer untervermietet haben, woraufhin er bei Ivy auf die Couch zieht. Jim, der, davon abgesehen, dass er ziellos durch die Stadt streift, von zwei jungen Typen verfolgt wird, die sich ihm in der Anstalt als seine Brüder vorgestellt haben. Und noch mal Ivy, deren Freund sie am Telefon nur noch hinhält, anstatt die Beziehung endlich zu beenden. Ach ja, Al hat ein Frauenproblem: Er weiß nicht, wie er sie ansprechen soll.
Still aus MARIN BLUE | (c) Bild: Berlinale |
Originell sind die Plots der beiden Filme keinesfalls. Ebenso wenig beeindrucken sie mit Überraschungen oder wenigstens unerwarteten Wendungen. Alles fließt betulich vor sich hin und ist alles in allem vorhersehbar. Warum also diese Filme ansehen? Vor allem bei MARIN BLUE, dem Schwächeren der beiden Streifen, ist diese Frage zu Recht gestellt. Für THE EXPLODING GIRL sprechen dessen Bilder, ein Spiel aus Close-Ups, Distanz- und Locationshots, kombiniert mit einem sonnenlichtdurchfluteten New York, die einen ganz eigenen, kinematografischen Raum eröffnen. Was der Romanze von Al und Ivy etwas Poetisches verleiht. Zudem kommt der Streifen wesentlich stringenter voran und wirkt in sich ausgewogener.
Die innere Stringenz lässt MARIN BLUE indes akut vermissen. Wohin dieser Film überhaupt will, bleibt dem Zuschauer verborgen. Das mag Konzept gewesen sein, erleidet aber akut Schiffbruch, weil es Mathew Hysell zu keinem Zeitpunkt gelingt, irgendein Interesse an seinen Figuren zu wecken. Jim, Marin, Stan, Thomas - die Charaktere sind Hüllen, Schachbrettfiguren. Ihre Darsteller mühen sich redlich, doch bleiben die Charaktere jegliche Persönlichkeit schuldig und sind somit pure Behauptung, wie der ganze Film sonst auch. MARIN BLUE flimmert vorbei und ist vergessen, sobald man den Kinosaal hinter sich gelassen hat. Da helfen auch die teilweise recht sehenswerten Kinobilder nichts mehr. Zwiespältig.
THE EXPLODING GIRL
USA 2008
Regie: Bradley Rust Gray
MARIN BLUE
MARIN BLUE
USA 2008
Regie: Matthew Hysell