Nacht/Fragment

SLEEPLESS NIGHTS STORIES
Berlinale 2011 - Forum


„I’m sleepless“ sagt ein reichlich zerknautscht wirkender Jonas Mekas in seine kleine Handkamera; „It’s a Jetlag.“ Mekas trägt sein Nachthemd, schwenkt mit der Kamera durch seine Wohnung. Er ist frisch eingezogen, es herrscht noch kistenweise Chaos. Schlaflosigkeit und Menschen-Neugier sind Grundantriebe in dieser Mischung aus Kurzfilm-Montage, Essay und filmischem Tagebuch.

Der dramaturgische rote Faden, so man ihn überhaupt formulieren möchte, ist die Geschichte von 1001 Nacht, Mekas hatte die Geschichte zufällig kurz vorher gelesen. Auf Schreibmaschine getippte Zwischentitel erzählen ihre eigene Geschichte, die Mekas’ seinen kurzen Filmen vorangestellt hat. Jedes der kleinen Werke hat dabei eigene Titel: „The Story of Greenpoint“, „“The Story of Lefty“, „The Story of Marie Menken“, „The Story of Amy, or why singing normal people in middleclass voices“.

Das Atemberaubende an diesen Filmen im Film sind ihre unzähligen Geschichten und Protagonisten. 114 Minuten lang blicken wir in einen Mikrokosmos New Yorker Wohnzimmer, Clubs und Galerien. Allgemein bekannte und unbekannte Gesichter erleben wir, wie sie mit Jonas Mekas zusammen oder zumindest in der Anwesenheit seiner kleinen Kamera fabulieren; Joko Ono, Patti Smith, Björk und Ben Northover. Doch sie zu identifizieren ist unnötig, sie sind auf interessante Weise völlig unwichtig. Alkohol ist wichtiger, er scheint stets irgendwie anwesend zu sein. Gesoffen wird viel in SLEEPLESS NIGHTS STORIES; selbstverständlich. Wein vor allem, Jonas Mekas ist ein Weinliebhaber.

Jonas Mekas

Zeit spielt keine Rolle in diesem Film. Wozu auch? Wer schlaflos unterwegs ist, wer nachts lebt, wer außerhalb gängiger Verhaltensmuster lebt, für den ist Zeit per se unerheblich. Ausschnitte, Fragmente von Nächten und Tagen, Zusammenkünften und einsamen Momenten, Reisen und Ausflügen prägen die Leinwand. Somnambul scheinen die Kamera und ihr Besitzer gelegentlich unterwegs zu sein. Surreal mutet dieses Beisammensein mitunter auch an. Jonas Mekas SLEEPLESS NIGHTS STORIES ist vielleicht der verträumtest-wundersamste und auch intimste Film der Berlinale 2011. Kino pur - irgendwie.


SLEEPLESS NIGHTS STORIES
USA 2011
114 Minuten
DigiBeta, Farbe, Englisch
Regie: Jonas Mekas
Produktion: Jonas Mekas
Zusätzliche Kamera: Thomas Boujut, Jonas Lozoraitis, Benn Northover, Louis Garrel

Vorführungen im Festival:
18.02. 20:00 OF Kino Arsenal 1 (WP)
20.02. 16:30 OF Delphi Filmpalast

(c) Bild: (Berlinale 2011) Jonas Mekas